Artikel

“Der Betrachter als Archäologe„

DAS MYSTERIUM der Linear-B steht im Zentrum der Bilder von Nikos Samartzidis…

Nikos Samartzidis macht den Betrachter seiner Bilder zum Archäologen, zum Enträtsler kryptischer Botschaften: Die schiere Schönheit der Schrift ist das erste, was die archaisch wirkenden Kunstwerke von sich preisgeben. Aber so tief, wie die Narben, Schnitte und Riefen in die Farbe schneiden, so tief gewährt der 1957 in Mazedonien geborene Künstler Einblicke in die Bedeutungsschichten seiner Arbeiten. Die Bildprogramme frühantiker Schriftkultur, die Geschichte der Lyrik, Kalligrafie und Poetik sind Facetten in Samartzidis Bildern.

Das Heilige der Poesie spiegelt sich in den Malereien wider, würdigte der Moskauer Philosoph Professor Vitim Kruglikov am Montagabend die Arbeiten des Rüsselsheimer Künstlers bei der Vernissage der Ausstellung „Hommage à M. Ventris“…

Schrift als Geheimkunst, das Wissen um die Bedeutung und Macht der Buchstaben als Arkanum: Die Bilder von Nikos Samartzidis spielen auf der Oberfläche vor allem mit dem Mysterium der legendären „Linear-B“, dieser Abenteuergeschichte für Archäologen, Sprachforscher und Kryptologen. Meist sind es Formen behauener Steine oder geritzter Tontäfelchen, die der Künstler in seinen Werken aufnimmt. Die vorherrschende Farbe der Oberfläche wirkt verwittert, von Sonne und Jahrhunderten ausgebleicht, scharfe Risse erzählen vom Schicksal der Texttafeln im Strudel der Zeit.

Das kollektive Gedächtnis nimmt Vitim Krugilov als Metapher, um die Vielschichtigkeit der zwischen Malerei und Grafik schwebenden Arbeiten zu erklären. Aber auch wer die geheimnisvolle Schrift der frühen Kreter und Minoer nicht zu deuten versteht, den ziehen die Choreografien der Zeichen und Figuren schnell in seinen Bann. Ehrwürdig und gesättigt von einer Jahrtausende alten Kulturtradition sind die großformatigen, intensivfarbigen Tafelbilder.

Vergleichsweise augenzwinkernd kommen dagegen diejenigen Arbeiten daher, in denen Nikos Samartzidis das 21. Jahrhundert auf die geschichtsträchtige Schriftkultur treffen lässt: Compact Discs mit ihrer flirrenden, spiegelnden Unterseite hat der Künstler mit Schrift bedeckt. Das wirkt wie ein Kommentar des Steins von Rosetta, nur dass sich hier eine viel größere Spanne der Zeit und Schriftkultur öffnet zwischen den Symbolen der Linear-B und der endlos scheinenden Abfolge von 0 und 1 in den digitalen Dateien moderner Speichermedien.

Der Kunsthistoriker Peter Forster, der in die Ausstellung einführte, betonte neben der schrift- und kulturgeschichtlichen Dimension der Bilder vor allem ihre Qualität als intensive Auseinandersetzung mit der mediterranen Heimat des Künstlers. Samartzidis… setzte sich dort immer wieder mit Farben und Formen der vielfältigen griechischen Landschaft auseinander. Diese Erfahrungen finden sich auch in den abstrahierten Schriftlandschaften wieder, von denen die Ausstellung dominiert ist: „Landschaft und Natur als gespeicherte Erinnerung“, so Forster.

( Auszüge aus einem Artikel von Peter Thomas bei der “Rüsselsheimer Echo„ am 9.3.2005 )

 


 

Wiesbaden, Mai 2005

Das Werk von Nikos Samartzidis ist durch seine rätselhaften Zeichen sperrig und für den Nichteingeweihten schwer zugänglich. Samartzidis Bildtafeln erscheinen wie Ausgrabungen archaischer Funde aus der sagenhaften Zeit des minoischen Kreta. Und in der Tat finden sich auf ihnen die Ideogramme und Lautzeichen der sogenannten Linear B-Schrift, die sich zwischen 1500 und 1200 v. Chr. bis zum Untergang der Insel-Kultur entwickelte und in die mykenische Kultur der Festlands Dorer eingeflossen ist.

Als ein der Geschichte seiner griechischen Heimat verbundener Künstler und Kenner der Literatur der zeitgenössischen Dichter seines Landes entwickelte Samartzidis die Idee, moderne Texte mit der archaischen Linear B-Schrift zu vereinen. So entstanden Serien hieroglyphenartig wirkender Bildtafeln in der Zeichensprache der Linear B-Schrift, hinter denen sich Texte moderner griechischer Dichtkunst in unterschiedlicher Färbung verbergen.

Der Nichtkenner wird diese Texte nicht entschlüsseln können. Nichtsdestoweniger wird ihn der Reiz des gestalterischen Spiels mit den rätselhaften Zeichen und ihre Formenmagie fesseln. Es wird seine Neugier und seinen Wissensdurst wecken, und der Betrachter wird verführt sein, die gedanklichen Lücken mit der Phantasie und Kraft seiner eigenen Vorstellungen zu füllen…

Justus Schmalhausen

Maler und Kunstpädagoge

 


10. Januar 2010

Ansichten
Svetlana Neretina

Was macht Nikos?

Weder übersetzt er Homer aus dem Altgriechischen in eine moderne Sprache, damit wir durch das Wissen dieser Schätze bereichert werden, noch übersetzt er moderne Dichtung ins Lateinische – dieses wäre eine anmaßendes Vorhaben für Sprachwissenschaftler. Es ist auch keine Botschaft an die Nachwelt. Es ist die Wiedergeburt des Wortes auf Leinwand – und hier könnte man vorsichtig anfügen – eine Botschaft an die Vorfahren oder, simpel ausgedrückt, an die Toten.

Unsinn, völliger Unsinn, ohne irgend eine Möglichkeit der Interpretation. Die Farbe alleine, als Ausdruck des ewigen Lichtes , bringt Absender und Empfänger zusammen. Farbe ist, in der Tat, die eine, sinnliche Komponente der Gleichung, während die merkwürdige Formgebung der Buchstaben die logische, kalte und unverständliche Seite darstellt.

Wie viele Menschen haben letzten Endes von der mykenische Linear B-Schrift gehört? Genauer gesagt, wie viele wissen überhaupt was Linear B bedeutet? Hier werden die Worte moderner Dichter stumm, überschreiten die Grenzen zum verständlichem Wort.

„Dass sie sich erinnern“, sagt Nikos knapp.
„Nicht dass sie sprechen, sondern sich erinnern.
Wer sollte sich erinnern?
Tatsächlich beginnt es bei mir“.

(aus dem Englischen übersetzt von Ellen Hug und bearbeitet von Peter Völker).

November, 2010

 


 

Die faszinierende Welt von Linear B – Eine Kunst-Brücke zum alten Mykene
Ausstellung von Nikos Samartzidis in der“Galerie Terzo“, BERLIN, von 26.02 – 25.03.2011

Als ein der Geschichte seiner griechischen Heimat verbundener Künstler und Kenner der zeitgenössischen Literatur seines Landes, entwickelte Samartzidis die Idee, moderne Texte in diese archaische Schrift zu transformieren.
Da nur sehr wenige Fachleute diese Ideogramme und Lautzeichen lesen und verstehen können, ergeben sich für seine bildnerischen Werke völig neue, weitreichende Bedeutungsebenen.
Nicht nur die Vergangenheit wird in die Gegenwart katapultiert, auch die Gegenwart in Form zeitgenössischer Lyrik wird weit in die untergegangene Antike zurückgeworfen. Beide verlieren dadurch ihren jeweiligen sprachlichen Zusammenhang. So tritt der sprachliche Sinn zurück, zu Gunsten einer spannenden Choreografie der Zeichen. Die fesselnde Formenmagie und archaische Schönheit der hieroglyphenartigen Schrift strahlt die Energie der Sprache als eine geistige Energie ab, ohne von Sprachdeutung und weit zurückreichender kultureller Entwicklung abhängig zu sein. So erreicht Nikos Samartzidis eine neue Qualität, eine Bedeutungsschicht, die universell und Zeitlos ist. Zu den Zeichen gesellen sich immer mehr abstrakte grafische Geflechte, Kerben und strukturierte Oberflächen, die flüchtig betrachtet leichthin als antike Risse gedeutet werden, doch bei Betrachtung des formalästhetischen Ganzen seiner Bildtafeln, gibt Samartzidis ihnen eine bildnerische Eigenständigkeit und malerische Qualität, die zu einer weiteren Abstraktion des Denkens führt. Er führt den Geist immer weiter vom ursprünglichen Sinn der Sprachdefinition zur dahinterliegenden Seele, der Sinn wird zur rein geistigen und seelischen Dimension.
Die im Laufe der Zeit immer weiter gesteigerten malerischen Oberflächen schaffen unbegrenzte Imaginationsräume, gefüllt mit Magie. Der Betrachter wird verführt, neue Ebenen zu betreten und gedankliche Lücken mit der Phantasie und Kraft seiner eigenen Vorstellung zu füllen.
Nikos Samartzidis geht in seiner Kunst unbeirrt einen einsamen Weg, abseits von Zeitgeistgetöse und einem Umfeld, das noch nicht einmal an der Oberfläche kratzt, sondern diese nur noch spiegelt und begibt sich in die Tiefen einer universellen und zeitlosen Seele. Er erweist sich als ein Künstler mit großem Herzen, von denen es leider viel zu wenige gibt, die aber immer notwendiger werden, um die Grundlagen menschlicher Existenz weiter zu gewährleisten.

Yochen Schwarz,
Maler, kunsthistoriker und Galerist,
HANAU, Februar 2011

 

60 Jahre Entzifferung von Linear B –
Kunst und Wissenschaft.

Linear B ist eine Schrift, die zwischen dem 15. und 13. Jahrhundert v. Chr. im minoischen Kreta und im mykenischen Griechenland benutzt wurde. Ihren etwas sperrigen Namen erhielt sie durch Sir Arthur Evans, der seit 1900 den großen Palast von Knossos ausgrub und dort gleich zu Beginn seiner Arbeiten die ersten Tontafeln mit diesen geheimnisvollen Schriftzeichen fand. Entziffert wurde Linear B durch den britischen Architekten Michael Ventris (1922-1956), der am 1. Juni 1952 behauptete, dass Linear B ein altertümliches Griechisch wiedergibt. Das war eine Sensation! Hatte man doch nun den Beweis, dass tatsächlich Griechen einst gegen Troia zogen. Schnell gab es Anhänger und Gegner dieses Entzifferungsvorschlags. Heute arbeitet an den rund 5000 Tontafeln u. a. aus Knossos, Pylos, Theben und Mykene weltweit eine kleine Anzahl von Forschern, darunter auch der Leiter des HSM Dr. Reinhard Witte. Im Mittelpunkt der Schau steht aber die Kunst. Der aus Griechenland stammende und seit über 20 Jahren in Rüsselsheim lebende Künstler Nikos Samartzidis benutzt die rund 90 Schrift- und 150 Bildzeichen (Ideogramme), die es in Linear B gibt, in künstlerischer Hinsicht. So entstehen mit Acrylfarben oder Tusche groß- und kleinformatige Bilder auf Leinwand, Sperrholz und Papier, die den Betrachter in ihren Bann ziehen – vielleicht gerade deswegen weil er von der Schönheit der Schriftzeichen, die er erst einmal nicht lesen kann, beeindruckt ist. Auf diesen Kunstwerken stehen in Linear-B-Schrift Texte von Nikos Kazantzakis, Jannis Ritsos, Jorgos Seferis oder vom ersten Dichter des Abendlandes Homer. Es sind also literarische Texte, die wir aus dem ursprünglichen Linear-B-Material nicht kennen. Da gibt es „nur“ Wirtschaftstexte, die z. B. aufzeichnen, was wem gehört. Nikos Samartzidis hat mit viel Liebe zum Detail diese Lücke geschlossen, indem er große griechische Poesie in Linear B übertrug.

Dr. Reinhard Witte
Museumsleiter, Heinrich-Schliemann-Museum, April 2012

 

Nikos Samartzidis

60 Jahre Entzifferung von Linear B – Kunst und Wissenschaft

Rede zur Ausstellungseröffnung in der IHK Offenbach, 6. Oktober 2012

 

Sehr geehrte Damen und Herren, lieber Herr Samartzidis,

 

ich freue mich, der Eröffnung der heutigen Ausstellung mit Werken des in Rüsselsheim lebenden griechischen Künstlers Nikos Samartzidis einige einführende Gedanken voranstellen zu dürfen. Bereits bei der ersten Begegnung mit den Arbeiten des Künstlers war ich beeindruckt von ihrer Komplexität: Denn Nikos Samartzidis hat mit der Linear B-Schrift nicht nur ein kulturhistorisch und wissenschaftlich außerordentlich bedeutsames Thema zum Ausgangspunkt seines künstlerischen Schaffens gewählt, sondern berührt gleichzeitig auch ganz allgemeine Fragen nach dem Wesen von Schrift und Sprache – und schlägt damit auf eine ganz eigene und eigenständige Weise einen Bogen zu bedeutenden Strömungen der Gegenwartskunst, die sich mit dem Zusammenspiel von Wort und Bild  auseinandersetzen.

Bleiben wir zunächst bei dem Ausgangspunkt von Samartzidis’ Arbeiten – der Linear-B-Schrift, einer altägaischen Schriftform, deren Entzifferung sich in diesem Jahr zum 60.Mal jährt. Griechenland ist nicht nur die Wiege der Demokratie, sondern auch die der europäischen Schriftkultur. Bereits gegen Ende des 3. Jahrtausends lassen sich in Griechenland – genauer gesagt auf Kreta – die ersten Anzeichen von Schriftgebrauch nachweisen. Um 1900 stieß der britische Archäologie Arthur Evans bei Grabungen in Knossos auf eine Fülle von Schriftfunden – meist in Tontäfelchen geritzt – , die er in drei Gruppen unterteilte und als Hieroglyphisch, Linear A und Linear B bezeichnete. Linear B ist dabei die jüngste dieser Schriftsysteme; ihre Verwendung wird ins 15. bis 12. Jahrhundert vor Christus datiert; mit über 5000 gefundenen Texten oder Textfragmenten stellt sie das umfangreichste Material. Zuerst wurde vermutet, dass es sich bei Linear B um eine minoische (also vorindogermanische) Sprache handelte; erst 50 Jahre nach den ersten Funden gelang es den Engländern John Chadwick und Michael Ventris, Linear B zu entziffern und damit auch nachzuweisen, dass es sich um eine frühe Form des Griechischen handelt. Die wissenschaftliche Sensation war perfekt, hatte man doch bislang geglaubt, die Mykener hätten noch kein Griechisch gesprochen und die Träger des Sprachstammes seien erst Jahrhunderte später nach Griechenland eingewandert. Mit einem Mal lagen die Wurzeln der griechischen Sprache, die die abendländische Kultur in Philosophie, Wissenschaft und Literatur maßgeblich beeinflußt und mitgeprägt hat, offen! Und vor diesem Hintergrund ist es doch fast als Ironie des Schicksals zu bezeichnen, dass es in der Linear B-Schrift keine einzige Überlieferung eines literarischen Textes gibt. Bei den gefundenen Dokumenten handelt es sich ausschließlich um Verwaltungsnotizen in Form von Bestandsaufnahmen, Listen für Warenlieferungen, Außenstände und Bilanzen – also mithin um trockene Fakten, die nur einen ganz kleinen Ausschnitt aus dem Wesen einer Sprache wiedergeben.

An dieser „Fehl- oder Leer“stelle setzt nun die künstlerische Arbeit von Nikos Samartzidis an: Er übersetzt Texte und Lyrik großer griechischer Dichter der Antike und Gegenwart in die Linear B-Schrift (in der Ausstellung finden wir etwa Arbeiten zu Texten von Homer, Sappho, Kavvafis, Elytis und Kazantzakis), und bereichert so die Linear B um sprachliche Dokumente mit überwältigendem sinnlichen Reichtum und großer Bedeutungstiefe. Damit schließt sich der Kreis zwischen Vergangenheit und Gegenwart, Epochen verweben sich, Zeiten durchdringen einander. Die sorgfältige Auswahl der Textpassagen, die Samartzidis vornimmt, befördert diesen Eindruck der Überzeitlichkeit: Es sind meist beseelte Natur- und Landschaftsbeschreibungen, oftmals durchzogen von Sehnsucht, Wehmut und Erinnerungen – Empfindungen, wie sie Dichter vor tausenden von Jahren in Worte gefasst haben und auch noch heute in Worte fassen.

Der Künstler sagt hierzu selbst: „Als ich als Schüler im Gymnasium und später im Museum von Heraklion die Tontafeln der Linear B-Schrift gesehen hatte, ahnte ich noch nicht, dass diese in Ton geritzten kleinen Symbole mich auf eine bezaubernde Raum-Zeit-Reise mitnehmen würden. Eine Reise zu meinen Wurzeln, meiner Sprache und meinem Bewusstsein.“

Die Linear B- Schrift besteht aus etwa 90 phonetischen Silbenzeichen und rund 160 ideographischen Zeichen (=Zeichen, die für einen ganzen Begriff stehen und diesen quasi als kleine Zeichnung wiedergeben). Sie charakterisiert sich durch ein enges Zusammenspiel von Bild- und Schriftzeichen, da ein Wort aus Silbenzeichen oft durch das entsprechenden Ideogramm begleitet und damit gleichsam „bebildert“ wird (ti-ri-po-de = Dreifuß). Vor dem Hintergrund des künstlerischen Werdegangs von Nikos Samartzidis, der sich in den 1990er Jahren intensiv mit chinesischer Kalligraphie beschäftigte (also auch mit einer ideogrammatische Form, in der Bild, Schrift und Poesie eng miteinander verwoben sind) erscheint es im Rückblick fast zwingend, dass sich der Künstler der Linear B zuwandte. Er hat sie autodidaktisch erlernt und sie steht seit nunmehr 12 Jahren im Zentrum seines künstlerischen Schaffens – ich brauche hier kaum auf die große Resonanz eingehen, die seine Werke in zahlreichen Ausstellungen erfahren hat. Es sei nur erwähnt, dass seine Arbeiten erst im April diesen Jahres in einer umfangreichen Ausstellung im Heinrich-Schliemann-Museum in Ankershagen gewürdigt wurden.

Die Palette der Trägermaterialien, die der Künstler nutzt, ist breit: Mal ist es Sperrholz, in das die Zeichen mit einem Bohrer eingraviert sind, mal Leinwand mit Spachtelmasse. Darüberhinaus nutzt er aber auch Sandstein und Tontäfelchen. Bei ihnen steht der Bezug zum archäologischen Fundkontext im Vordergrund – vermitteln sie doch durch ihre archaischen Materialqualitäten den Eindruck, als könnten sie tatsächlich aus antiken Ausgrabungsstätten stammen. Ihnen diametral gegenüber steht eine kleine Werkgruppe an Arbeiten, bei denen die Zeichen auf CDs geritzt sind – einem Informationsträger, der eindeutig der Gegenwart zuzurechnen ist. Hier kommt ein interessanter Aspekt ins Spiel: Wir als Betrachter wissen zwar, dass sowohl auf einer CD als auch in den Texten der LinearB-Schrift Informationen kodiert und Inhalte niedergelegt sind, die allerdings zunächst verborgen bleiben. Nur mit dem richtigen Schlüssel – dem Computerprogramm, dem Übersetzungswissen – können wir sie dekodieren und verstehen.

 

Franz Mon, einer der Hauptvertreter der visuellen / konkreten Poesie (eine Strömung, die sich mit dem Zusammenspiel zwischen Wort und Bild auseinandersetzt) hat einmal festgehalten, dass Schrift im künstlerischen Kontext ein schillerndes Zwitterwesen ist: Auf der einen Seite ist Schrift als geschriebenes Wort Träger von Bedeutungen, und auf der anderen Seite ist Schrift aber auch  ein ästhetisches Zeichen – also eine (rein) visuelle Form ( also ein Bildelement wie ein Strich oder Farbe). Für den Betrachter ist es nun kaum möglich, Schrift als reines Bildelement, also bar jeden Bezugs zu ihrem begrifflichen Inhalt zu betrachten – immer sucht er nach Bedeutungssplittern, mit deren Hilfe er den dahinterstehenden Sinn erfassen kann. Schon die Kubisten und Surrealisten zu Beginn des 20. Jahrhundert haben mit diesem schillernden Charakter von Schrift gespielt – für die visuelle Poesie wurde er dann zum Hauptinhalt ihrer Kunst. Indem uns Nikos Samartzidis in seinen Werken zunächst eine völlig fremde, unentzifferbare Schrift bietet, gelingt es ihm, Form und Wortbedeutung voneinander zu entkoppeln – wir können der Schrift ganz unvoreingenommen gegenübertreten und sie nur als bildliches Element, oder wie Yochen Schwarz in einem Text über den Künstler schreibt, als „Choreographie der Zeichen“ wahrnehmen und so die geheimnisvolle Schönheit ihrer Formen ganz in Ruhe aufnehmen. Nochmal ein Zitat von Schwarz: „Die fesselnde Formenmagie der hieroglyphenartigen Schrift strahlt die Energie der Sprache als eine geistige Energie ab, ohne von Sprachdeutung abhängig zu sein“.

Nun geht Nikos Samartzidis aber noch einen wesentlichen Schritt weiter: Seine Schrift, seine Texte sind nicht einfach nur auf die Leinwand gebracht, sondern umfangen und eingebettet in Malerei: Wir sehen changierende Farben, sich in Schichten überlagernd, die mal an die unendliche Weite des Himmels, des Horizonts, des Kosmos erinnern, und mal Erdverbundenheit, schillernde Gesteinsformationen, Stadtlandschaften oder Topographien suggerieren, subtil modulierte Farbwolken, die die Texte fast wie aus einem Nebel auftauchen lassen und Licht und Schatten setzen. Es gibt Linien, auf denen die Schrift wie auf sanften Wellen im Bildraum tanzt und Liniengeflechte, die den Text durchschneiden, Fehlstellen zurücklassen…

Von Horaz stammt der Satz „Ut pictura poesis“ – wie die Poesie, so die Malerei. Beide Künste dienen dazu, Bilder zu evozieren, Assoziationsräume zu öffnen, Freiraum für das Spiel unserer Gedanken zu schaffen. Dies gelingt Nikos Samarztidis auf beeindruckende Weise. Bei ihm spiegelt sich das Wesen der Poesie in dem Wesen seiner Malerei –  beide brauchen Imaginationsraum, Resonanzraum, den jeder von uns auf jeweils einzigartige Weise mit seinen Gedanken, Empfindungen, und Vorstellungen füllen kann. Diesen Raum stellt er uns zur Verfügung und verführt uns, in ihn einzutreten und zu erkunden. Indem er die essenzielle, gemeinsame  Basis von Malerei und Poesie in seinen Arbeiten für uns sinnlich erfahrbar / erlebbar macht, ist er ein visueller Poet ganz eigener Güte.

Ich möchte schliessen mit einem Zitat, das aus einem Text über Haikus – einer traditionellen japanischen Gedichtform stammt, dass aber wie für Nikos Samartzidis geschrieben worden scheint: „Explizite Kunst, die alles zu sagen versucht, was sie bedeuten will, schliesst sich selbst in ihre Grenzen ein. Die Kunst der suggestiven Andeutung dagegen ist grenzenlos – sie ist so weit und tief, wie unser eigener Geist sie macht.“

Heike Sütter

 

Nikos Samartzidis: paleographic fine art.

(Impressions, musings, notes)

The nymph, Castalia, was the daughter of the river god, Achelous. Fleeing Apollo, who had fallen in love with her, she transmogrified into a spring on Mount Parnassus.

This “Castalian Spring” is dedicated to Apollo and the muses. Pilgrims arriving at Delphi would cleanse themselves in the waters of the Castalian Spring. In modern parlance the expression “Castalian Spring” connotes a source of inspiration.

Germany as Castalia

Meeting Nikos Samartzidis, a Greek artist living in Germany, was as sudden as it was accidental.

I am no biographer of this artist. To him – a life nourished by the white sun, by the bitter brine of the Mediterranean, by white atolls parched by the sun, by its blue greenery and unkempt tan cliffs. To him – a life of painting, painting in order to put forth his own native Greece into the theater of world-consciousness. This appears to be his ultimate goal and calling.

First Impressions

We were introduced by our wives: mine – Galina, and his – Stella. They were both attending German language classes. Stella had at some time studied in graduate school in what was then still Leningrad. She had quite a respectable command of Russian. Having nipped into our place and seen the small selection of good things on our walls she invited us to visit their place.

An artists’ apartment – his studio, and a living place for a large family. Paintings everywhere, prepped canvases, painting stretchers, books, CDs, ceramics. Of course most numerous were the paintings.

Mostly there were landscapes (just seascapes), no portraits. Their frequent subjects were a village at the side of the sea, boats, sea, mountains. Most of the pieces, however, were abstract canvases with some sort of Greek script.

Before me was blue, blue, blue water, all aglitter with the white of the waves’ ridges and foam. White walls, white rooftops. Even the tan soil and sand were bleached out long ago to the whiteness of snow. Now, they are no longer brownish or tawny.

Long ago!

He has good command of draftsmanship – a good, steady hand. He’s a colorist, in fact – too contrasty. He’s got the southern intensity of light. If it be night – then: a deep indigo-black color; if it be day – then, with no nuances: orange to piercing white. They accost the eyes with the intensity and temperament of the South. You realize that pastel tones are impossible in these paintings. Because this is Greece. That’s it for the landscapes.

The same high caliber and professionalism are present in his abstract pieces with the scripts. As far as technique: there are some traditional pieces, but for the most part they are done in mixed media. Having gessoed canvas, wood, or – more often – plywood, the artist begins with various types of background – some solid, some varied (but if so, still within one color tone). He then forms a type of relief on the painting’s surface, using a knife or other tool to scrape a sort of venation out the first layer or even half-layer of the plywood. The resulting veins are shades of varied hue. They create a composition lacking objects. Yet the veins themselves form a composition that functions as an ornamental “background in the background” or “background on the background”. It is on this powerful, deep, two to three layered translucent background that ancient Greek calligraphy, which is angular by nature, marches on in a bold and sweeping hand. In some of these pieces a sort of slightly-effaced almost watercolor figuration is present.

As I later learned, the pieces contain quotes from the Odyssey and Plato done in ancient Greek script called “Linear B”. However the preponderance of quotes is from Cavafy (Kavafis), Elytis and other contemporary Greek poets.

Moreover, it turned out: the citations from these poets were recreated not just in ancient Greek, but actually in proto-Greek. At one time, there, in what was to become Hellas, the language was not yet ancient Greek, and writing was not yet alphabetical but syllabic. These texts were preserved on stone and on clay tablets. In content, the preserved tablets were not poetry, but statements of monies owed, commercial purchase records and inventory lists. They were deciphered only 50 years ago and the set of characters was named “Linear B”. Nikos contends that this language is as different from ancient Greek as ancient Greek is from the modern.

And so, Nikos learned this script and language enabling himself to transcribe contemporary Greek poets into it, and to place those quotes into his artwork calligraphically.

The Path

How did he arrive at Linear B?

He was always fascinated by ciphers. Not just ciphers, as symbols signifying sounds, but rather ciphers as tools of portraying something. A feeling of insurgency against the mechanization of text welled up inside him; he strove for the preservation of the individualization of text – or script. The vestiges of hand shaping and hand-writing that he could make out astounded him.

He applied himself to the study of Chinese calligraphy, which is so outstanding for its vitality and the signs of individualistic, personal work in each shaped hieroglyph. Then he mused: how to preserve handwriting? That is when he attempted to portray the letters of the ancient Greek alphabet in stone.

He read a lot of poetry. He read a lot by Odysseas Elytis, the 1979 Nobel laureate whose parents were from Lesbos. It was in the writings of Elytis that he encountered a poem recorded in the ancient Greek alphabet done without word or sense breaks. In other words, Elytis understood how text was recorded in a script that had not yet been fully formed.

Contemporary script, with all its grammar graphically denoted is meant for reading. It comes with a goal: the necessity of perception by the perceiver. Grammar eases reading. In ancient script – script on tablets, tallies and papyrus – the prevailing meaning is self perpetuation, the act of imprinting, the burning passion of man to stretch himself out into eternity, to extend himself in time, to overcome time by leaving an imprint of his only-ness, his uniqueness.

The long-ongoing archeological digs of the Creto-Mycenaean culture have already enabled us to read tablets in Linear B. Ten years ago new tablets from Thebes were discovered containing Agamemnon’s missive to the Hittites.

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At our second encounter, Nikos was at home. Somehow, right from the beginning a kindly-disposed understanding developed between us. I found myself in the unique position of socializing with an artist, a Greek living in Germany, who had command of German, while I, a Russian, did not have command of German. This was akin to what was experienced by Walter Benjamin, who did not know Russian when living in Moscow. The summation of Benjamin’s language muteness was the famous “Moscow Diary”. Nikos’ and my conversational liaison was facilitated by our wives’ joint translation from Russian-to-German and Greek, and from Greek and German-to-Russian. Because of this we virtually “spoke of nothing worldly or mundane”, and if we wanted to tell each other something important, then we communicated with essences. Our exchanges were chiefly accomplished via telepathic intuition and association; and here Nikos’ art presented itself in the capacity of tuning fork and physical mediator.

I am not a mystic, but all this – the small town Ruesselsheim not far from Frankfurt am Main, an artist, a Greek living in Germany… all this was somehow too much to process all at once. And here in this town, with its artist community, a small exhibit opens up where Nikos’ works are represented. It was for this exhibit that I wrote a small article (below).

***

The resurrection of proto-Greek script – Linear B

Nikos Samartzidis’ calligraphic artwork evokes the notions of “locus of power” and the Jasperian “axis time” out of emotional and somatic memory. It was precisely on this axis of time where the “loci of power” were and where they formed a plexus, a collection or ‘magnet’ of the high points and accomplishments of mankind. These could be found alternately here and there: now in Sumer, now in ancient Egypt, now in ancient India, China, Tibet, now in Athens, now in Jerusalem, and in the land of the Slavs. These ‘magnets’ would alternately flare up with searing flame, or burn with the icy rays of cosmic night. Some ‘points of power’ still pulse on with energy, while others have melted away in human history leaving only volcanic clotting behind. And in their manifestations today their vestiges keep phosphorescing, charging the motions of the artist’s hand with suggestion.

These ‘clots’ are opened up through the hard work and gessoing of Samartzidis’ conceptual pieces’ surfaces, and by his production of multi-layered, many-hued backgrounds. However, this feat of opening occurs only when thought is borne of emotion and when the two are able to reconnect.

Ancient Greece dictates to its offspring – “do not get wrapped up in yourself; play with meanings; preserve; pass it on; let go of time…”.

Doing the bidding, he plays with the meanings of his ancient culture, submerging himself in the Castalian Spring of Mount Parnassus. He knows that sky, earth, sun, rocks, sand and the blueness of the sea are all matter without time. They are bereft of extent or length. Even then: long ago, 25 centuries ago, they themselves were still the same. And these mountains, these hills covered in evergreen forests, this sun over Greece, these seas of Greece, these cliffs and sand – the artist offers up these substances of nature to the glance:

“Look here: in things, in the substance of nature there are no seconds, minutes, hours, years, centuries. They do not require measurement. They exist… They are beyond time, they are supra-temporal. Day and night exist, not as time but as light and dark”.

One can trace the fissures of his incomprehensible symbols, caress their edges and angles. One can keep still for a moment attempting to embrace the entire painting in one glance – open your eyes a bit wider! Or one can stare pointedly at a Linear B symbol that evokes a body-posture of the Greek Sirtaki dance. Perhaps Samartzidis is confident that the future is in the past; that the future is indeed the past; that the future will come back. Maybe the artist is striving to say this to Cavafy in answer to:

But the Wise Perceive Things about to Happen” (Sophoi de prosionton)

“…Ordinary people know what’s happening now,
the gods know future things
because they alone are totally enlightened.
Of what’s to come the wise perceive
things about to happen…”

(Translated by Edmund Keeley/Philip Sherrard)

As an artist he is sure that the future is exactly that – an “eternal return” (F. Nietzsche). Pieces such as “Petalides”, “Einöde”, “Jasmin” and especially “Logos” and “Kytissos” are replete metaphysically. This is visual painterly testimony that this Greek artist lives in the here-and-now of Germany in the same fashion that Joseph Knecht lived in the Castalia of Hermann Hesse. He plays with the meanings of proto-Greek existence. And with this game he serves those unseen meanings that existed and were created in the incipience of human history. This southern emotional experience of color and light, which is perhaps a bit too intense, brings the proto-Greek writing nearer to those who live currently and supports the hope for the return of the grand Beginning.

Iconic tonality

Nikos’ paintings have a certain connection to the icon. The following support the iconic aspect of his paintings:

(a) the depiction of text as sacral object

(b) the depiction of character (letter) filled with hidden sacral context

(c) each painting of the Linear B series depicts a visage: the face of the painting consists of the portrait of a word placed into a landscape of symbols

(d) the paintings are charged with suggestion.

The computer does not transmit the magic of this depiction. The digital versions of Nikos’ paintings lack the suggestion, the allure and the draw of their live counterparts.

In the live Linear B pieces the viewer experiences these incomprehensible color abstractions of lines, hyphens, and strokes as a manifestation of a flash of thought and of a “transcendental feeling” connecting and coinciding in one. (Of course this term is horribly tautological. It is difficult to comprehend; still, it gives some indication of the existence of the inexpressible). Viewing the pieces, the desire to conduct some concerted act wells up in the viewer. No, you don’t fall into prostration, yet even the atheist begins to yearn for the act of prayer as a type of emotional cogitation. In other words, to plunge into that state of the labor of prayer in which you collect all your analytical skills and talent for sensitivity into a single and one-and-only point. After all: one cannot pray every time and for any sort of trifle at hand; prayer is a heroic act of collecting oneself.

Here the piece, “Cyclamen”, is one of the most powerfully charged with suggestion.

At first you do not see anything, and you don’t understand. Only blotches. Then, within the emerald tones you begin to make out lines, strokes, hieroglyphs and unfamiliar letters. Somehow you have the desire to keep looking at it. Out of the incomprehensible non-figurative drawing one begins to discern possible figures. Figures that don’t exist. And slowly the painting imbues the viewer with a sense of precognition. Here the desire to look – look and look – waxes stronger. And Jasmin coupled with that, the desire to understand that which is simpatico to you in the painting. What is it that attracts you and draws you in, and why? Finally, it hits you: it turns out that you really want to read it. But you know neither Greek, nor proto-Greek, nor the characters about which you will learn later – they are Linear B. It is as if a matte ornamented piece of glass is before you. It is covered in a thick layer of cultural dust of unnecessary knowledge. Behind it glows something important, maybe something that is most essential for you and for your life. You need only to take a rag and having wiped off the rubbish of the superfluous from your soul, cleanse yourself through the study of ancient Greek. The painting calls for an utterance and articulation by him who is considered ‘advanced’ nowadays, by him who knows ancient Greek. And this script, unknown to me, calls one to vocal behavior. When the person is finally able to read the depicted text of the painting out loud, then through this active gesture he is able to prolong the effect of the painting and to place it outside.

So what exactly has the painter depicted? Exactly what text has he recorded on this ornamented glass? Is it glass or a looking glass? After all through his painting, and through Linear B, he’s trying to glimpse our beginnings. Linear B gives us insight on the Creto-Mycenaean peoples’ world whose hold on life must have culminated in an unknown, incomprehensible catastrophe. The writings they left behind are the only testimony to the fact that their culture did exist and live.

When, with the help of Greek-to-German and German-to-Greek translation I learned exactly what text was depicted, I came face to face with a quote from Nikos Gatsos’ poem “Persephone’s Nightmare”. In it the poet entreats Persephone, imploring her not to waken, because this place where the Eleusinian mysteries were once celebrated has turned into:

„…There where sage grew and wild mint,

there where earth bore its first cyclamen,

now dark peoples traffic cement

and birds fall dead into the blast furnace…”

The French poet and essayist Yves Bonfois once said of the Greek poet Giorgos Seferis that he is “a person of a sunny nature. But he also has something earthy, of the desert”. These very same qualities are innate to Nikos Samartzidis’ artwork. And it is that very tranquility of the strong sun and the deepest darkest blueness of the southern night that wafts from him in direct conversation.

An audacious humility

He works as an iconographer – that is, observing the canon. He stays within the framework and conditions of the canon. In this there is the voluntary humility of an artist who comprehends his responsibility in the face of antiquity’s call. However, this humility is audacious because he strives for a whole new beginning while never breaching the framework or strictly prescribed rules of the canon.

The goal: to build an expressly not-new building, a non-new cathedral, but to build and make the ruins of a building, the ruins of a palace, the ruins of a cathedral.

His paintings are epistles. They are letters from Greece dating back to the boundary of the 20th and 21st centuries and extracted from Cretan-Mycenaean Hellas into the future.

And they are writ with brush through the medium of color by a Greek immigrant in Germany.

The season’s visage

Once, when told that in his latest paintings some strokes are so fine they imitate time’s effacing effects, Nikos replied it was but an unfortunate technical mishap of his. He is striving not to demonstrate the obliteration by time, instead he attempts to show and to freeze the beginning of time.

The artist is first and foremost a painter.

And a painter is:

  • drawing
  • color and
  • the insatiable passion for de-pic(ture)-tion

Passion not just for gesture (which in its essence is also a depiction of something), but for depiction via the very same sketch and/or color.

The painter is an eye and a hand; he is hand and eye. The eye that thinks and feels; and the hand that itself feels and thinks.

From a keen eye and a keen hand comes the gift of a painter.

He is an artist who depicts and imagines.

Whence can one extract an object to depict?

The mind follows the hand and the brush. And the hand follows the lead of the mind and of his eyes that think, imagine, and calculate proportions.

Does he paint following the brush, or does the brush paint following his mind?

And behind it all – sun, sea, mountains, hills. Behind it all – Greece.

Greece, or Hellas?

This artist loves painting more than anything, more than architecture, more than sculpture, more than volumetric forms. However he has a knowing, noticing and absorptive eye, and most importantly – a thinking eye.

“Great art is always joyous. …The joy of art is the joy of incarnation. It is the joy of forms found” (M. Voloshin, Visages of Creation).

Art – as poetry

The greatest drama and tragedy of all this is the conundrum of how to depict poetry.

A painting with script and text is found at the pinnacle of this tragedy. It is like the ruins of a castle that must not be built or finished, but must become a priori the ruins where the Solomon’s sealed vessel is hidden; wherein the beauty of the sun, molten blue, is sealed.

The artist

Kandinsky said that the artist does not need to know much – he then can paint with unencumbered freedom. But this is the case for Kandinsky alone. And even he knew a lot.

How much does an artist need to know? Does he need to know a lot?

The Russian artist, Tselkov who has long been living in the West, once noted that when he immigrated to Europe, he did not know a thing.

It is just that each artist has his own baggage, and his own history of grasping and comprehending things.

***

The beginning is always just the beginning. The beginning is equal to infinity.

In symbolic painting, the symbol is object. It is a cabbalistic moment when the symbol-character becomes key to the cipher of the world, and where a whole world is enciphered. At the same time these symbols are replete with meaning of object in the artist’s perception. Thus character-based painting commands the volume and context of figurative work. Because the symbol (the letter) is seen by his eye as an object, one cannot change the form of that object in any way. If so, the second and most important plane of depiction – the content of the written utterance will evanesce. Here the artist fulfills two ordinances of the ancient Chinese: “Do not change the outer forms of objects,” and “Convey the general relationships of objects within the piece.” This is why the symbol-letters of Linear B, retaining their nature of objects hewn in stone and clay peer fixedly from out the painting to engage the viewer. They force him to converse. Nikos belongs to those creators who construct new objects, new things; those which don’t exist in nature or in cosmos. He is an artist with an “object-centric” type of talent. This object – is painting, color, light, and text that uses characters as strokes.

***

In the wild place lorded by white rock, the grape’s verdure, olives and multi-hued blue ocean, where there have been no deeds or thoughts for eons, he constructs a temple or castle, but not decoratively; he makes it exactly as it would have looked in a decrepit state. In other words, he creates ruins of an architectural object that never existed. In some sense he makes a copy without original, a copy in the absence of original.

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In what he does and in his attempts to preserve the proto-Greek writing and language one can see hope that there is infinity – the possibility of being when time no longer exists. His art is a struggle with time. It is light and color being in spite of Time, ultimately it is – man, an individuality in spite of Time.

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Vitim Kruglikov (+), Dr. phil., Moskau (2005)

Translation: Zina Deretsky

Hommage à M. Ventris“  –  « Ο σαγηνευτικός κόσμος της Γραμμικής Β »

Η έκθεση φέρει τον τίτλο «Αναφορά στον Μίκαελ Βέντρις» – «Ο σαγηνευτικός κόσμος της Γραμμικής Β».

Εδώ και πάνω από πέντε χρόνια ασχολείται ο έλληνας καλλιτέχνης Νίκος Σαμαρτζίδης με αυτήν την πρώϊμη μορφή της ελληνικής γραφής, κάνοντάς την την βάση της καλλιτεχνικής του δημιουργίας. Γι` αυτόν, η παράδοση της Γραμμικής Β δεν έχει διακοπεί μέχρι σήμερα και την αναζωογονεί εκ νέου…

Στην ιστορία της γραφής, παίζει η Γραμμική Β έναν αποφασιστικό ρόλο. Χρησιμοποιήθηκε από τον 14ο μέχρι τον 12ο αιώνα π.Χ. περίπου στην Κρήτη και την ηπειρωτική Ελλάδα. Είναι το σπουδαιότερο ενδο-ευρωπαϊκό σύστημα γραφής που ήταν σε χρήση πριν από την εισαγωγή μορφών του αλφαβήτου από την Μ. Ασία…

Γνωστά είναι περίπου 90 συλλαβογράμματα, κάπου 160 εικονογράμματα καθώς και αριθμητάριο. Ταυτόχρονα είναι η μοναδική συλλαβική γραφή, για μια γνωστή ευρωπαϊκή γλώσσα. Το σπουδαιότερο κέντρο που χρησιμοποιήθηκε ήταν το ανάκτορο της Κνωσσού

με την επικράτειά του, όπου και ανακαλύφθηκε από τον άγγλο αρχαιολόγο Sir Arthur Evans κατά τις ανασκαφές του στις αρχές του αιώνα.  Οι συνεχείς προσπάθειες του Evans για αποκρυπτογράφηση, παρέμεναν άκαρπες μέχρι τον θάνατό του, το 1941. Το 1939 βρέθηκαν

επιπλέον κείμενα στην Πύλο, προς μεγάλη του έκπληξη, γιατί πίστευε πως η γραφή ήταν περιορισμένη στην Κρήτη. Θεωρούσε δε ότι ήταν απίθανο να πρόκειται για ελληνική γλώσσα.

Η αποκρυπτογράφηση έγινε τελικά από τον άγγλο αρχιτέκτονα και ερασιτέχνη ελληνιστή Michael Ventris (1922-1955) το 1952. Το ενδιαφέρον του είχε δημιουργηθεί σε ηλικία

δεκατεσσάρων ετών στο Λονδίνο, όταν έτυχε να παρευρεθεί σε μια διάλεξη του Evans.

Έκτοτε και για 17 ολόκληρα χρόνια προσπαθούσε ο Ventris να αποκρυπτογραφήσει την Γραμμική Β και το επέτυχε μόνον  όταν πείστηκε ότι επρόκειτο για ελληνικά. Χάρη στον άθλο του γνωρίζουμε ότι τα κείμενα που βρέθηκαν είναι λογιστικής φύσεως με λίστες ατόμων, ζώων, ιδιοκτησίας, προερχόμενα κυρίως από την γραφειοκρατική διοίκηση των ανακτόρων της εποχής του χαλκού και δεν ήταν προορισμένα να μείνουν ες αεί, γι αυτό και δεν ψήνονταν.

Οπωσδήποτε όμως δεν  είναι λογοτεχνικά …

Γύρω στο 1375 διακόπτεται η παράδοση της γραμμικής Β στην Κνωσσό. Βασική αιτία ήταν η καταστροφή των ανακτόρων από φωτιά, που στην προκειμένη περίπτωση όμως «διέσωσε» με το ψήσιμο σε υψηλη θερμοκρασία τα πλακίδια του πηλού για τις επερχόμενες γεννεές, προφυλάσσοντάς τα από την διάβρωση του χρόνου.

Πιστεύεται ότι πέρα από την χάραξη και αποτύπωση με σφραγίδες σε πηλό, η γραφή γραφόταν και σε λιγότερο ανθεκτικά υλικά, όπως πάπυρο και  περγαμηνή, καθότι βρέθηκαν και ενεπίγραφα αγγεία με σύντομα κείμενα στην ηπειρωτική Ελλάδα. Χαρακτηριστικό είναι επίσης η διπλή γραφή, όπου μια γραμμένη με συλλαβογράμματα λέξη, ακολουθείται από το αντίστοιχό της ιδεόγραμμα…

Η εξαφάνiση του Μυκηναϊκού πολιτισμού, επισφράγησε την τύχη της Γραμμικής Β.

Αλλά όχι για τον Νίκο Σαμαρτζίδη…

Γι αυτόν όχι μόνο συνεχίζει η ανάμνηση στις γραφές της αρχαίας Κρήτης να ζει παραπέρα, αλλά  η ενεργός καλλιτεχνική του δραστηριότητα, επηρεάζεται καταλυτικά από αυτήν την κληρονομιά…

Γεννημένος το 1957 στο νομό Πέλλας της Μακεδονίας, μεγαλωμένος στην Αθήνα και την Θεσσαλονίκη, έχει ήδη πίσω του διάφορες φάσεις καλλιτεχνικής ανάπτυξης, πριν εστιαστεί το ενδιαφέρον του στην Γραμμική Β. Προηγείται μια τριετής περίοδος αυτοαναζήτησης στην Κρήτη, από το 1979 έως το 1982, επηρεασμένη αποφασιστικά από το κρητικό τοπίο. Ακολουθεί επιστροφή στην Θεσσαλονίκη και ενασχόληση με την κεραμική. Εκ νέου απόδραση στην ύπαιθρο, στο Χόρτο του Πηλίου, δεκαετία του 80. Κυρίαρχα θέματα: νησιά και θάλασσα…

 

Από το 1990 όμως, και αφού έχει πλέον εγκατασταθεί με την οικογένειά του στην Γερμανία, τα ζωγραφισμένα και λουσμένα στο φως ελληνικά τοπία, είναι κάτι παραπάνω από απλές νοσταλγικές αναμνήσεις από την Ελλάδα. Πάντα ανήσυχος και ερευνητικός,

καταπιάνεται με νέα θέματα και τεχνικές. Ο πρώτος του ενθουσιασμός για την γραφή τον οδηγεί κατ` αρχάς  στην ασιατική (κινέζικη κλπ.) καλλιγραφία.

 

Παρόμοια αλλά αντίθετα με το ενδιαφέρον της γαλλικής πρωτοπορείας του 19ου αιώνα, για τα αισθητικά πρότυπα σε γιαπωνέζικες ξυλογραφίες, στρέφεται ο Σαμαρτζίδης στην δική του ελληνική κουλτούρα, κυρίως την ελληνική γραφή των κλασσικών χρόνων, για να εστιαστεί σύντομα στην Γραμμική Β, την οποία κατ` αρχάς εύρισκε απλά όμορφη. Όμορφη επιπλέον γιατί όντας απροσπέλαστη, φαινόταν μυστηριώδης και αινιγματική…

Η έλξη ήταν τόσο δυνατή, ώστε τώρα επιλέγει τα σύμβολά της σαν περιεχόμενο των έργων του…

 

Κατ` αρχάς οι φόρμες ήταν απλές, γραμμικά διατεταγμένες. Σταδιακά διευρύνει όμως τα εκφραστικά μέσα . Στον μουσαμά σχεδιάζονται ραγίσματα, όπως και στα πρωτότυπα πλακίδια. Προσθέτει επίσης σύμβολα  και φόρμες από κοχύλια , όστρακα και πέτρες, ώστε να τονίζεται ο αρχαϊκός χαρακτήρας. Οι γραμμές από τα σπασίματα, που στην αρχή απλώς συνέβαλλαν σαν στοιχεία στην σύνθεση, αποκτούν δική τους ύπαρξη. Εάν τις παρατηρήσει κάποιος καλύτερα και μόνον αυτές, μπορεί ενδεχόμενα να διακρίνει συγκεκριμμένες μορφές να ξεπροβάλλουν. Κι αυτό γιατί ο Σαμαρτζίδης χρησιμοποιεί φωτογραφίες, επεξεργασμένες επιλεκτικά μέχρι απλούστευσης σε βασικές γραμμές, πάνω στις οποίες γράφει κατόπιν τα κείμενά του.

 

Αυτή του η μέθοδος, με την ελευθερία της γραμμής και τους υποσυνείδητους συνειρμούς σε αντικείμενα και μορφές, μας οδηγεί τώρα στην γραφή καθ` αυτή…

Στις πρώτες εργασίες πειραματίστηκε  ο καλλιτέχνης πάνω σε ξύλο, χαράζοντας τα γράμματα με ηλεκτρικό τρυπάνι και δημιουργώντας μία επιφάνεια, πασπαλισμένη επιπλέον με άμμο, όπου κάποιος μπορεί πράγματι να «ψηλαφίσει» . Αργότερα  το ξύλο αντικαταστάθηκε από μουσαμά επιστρωμένο με κονίαμα σε ακρυλική βάση. Η τραχύτητα της επιφάνειας δίνει την εντύπωση πώς βγήκαν οι πίνακες κατ` ευθείαν μες απ` το χώμα.

Άλλωστε οι πρώτοι χρωματικοί συνδυασμοί ήταν γήϊνοι, με την τερακότα και την ώχρα να κυριαρχούν. Αργότερα προστίθενται οξείδιο του χαλκού και τυρκουάζ. Τώρα μοιάζουν  σαν μόλις να ανασύρθηκαν απ` την θάλασσα. Με τον καιρό, χρησιμοποιεί περισσότερο τις δυνατότητες του χρώματος, γίνεται πιο ελεύθερος και αποδεσμεύεται απο τα συνακόλουθα της πρώτης ανακάλυψης…

 

Τι διαβάζουμε όμως στούς πίνακες που δεν μπορούμε να διαβάσουμε;

Όλα τα έργα φέρουν έναν τίτλο. Οι τίτλοι μας βοηθούν στην αποκρυπτογράφηση του περιεχομένου. Ο καλλιτέχνης παραθέτει νέα ελληνική ποίηση του 18ου, 19ου και κυρίως του 20ου αιώνα… Τα σπουδαιότερα κριτήρια για την επιλογή των στίχων των Οδυσσέα Ελύτη,  Καβάφη,  Σεφέρη, Γιάννη Ρίτσου μέχρι τον Ανδρέα Κάλβο, τον Βαλαωρίτη και άλλους, είναι η «διαχρονικότητα». Στίχοι , που θα μπορούσαν εξ ίσου καλά να έχουν γραφτεί πριν από δύο-τρεις χιλιάδες χρόνια. Κυρίαρχα θέματα:  περιγραφές του Αιγαίου και της θάλασσας, των στοιχείων της φύσης όπως νερό, αέρας, καιρικά φαινόμενα, καταιγίδες, τρικυμίες κλπ. Ενίοτε ελαφρώς αρχαϊζουσα γλώσσα, όχι όμως πάντα…

Παλαιότερα ζωγραφικά θέματα, βγαίνουν τώρα μέσω της Γραμμικής Β, με την μορφή ποιητικών γρίφων. Φύση και τοπίο, βρίσκονται πίσω από το κάθε έργο, σαν αποθηκευμένη μνήμη…

 

Τελευταία χρησιμοποιεί επίσης ο καλλιτέχνης ένα μοντέρνο μέσο αποθήκευσης πληροφοριών, σαν φορέα της καλλιτεχνικής του έκφρασης : Compact Discs ( CDs ),

με την επιφάνειά τους χαραγμένη από τα σύμβολα της  Γραμμικής Β. Πληροφορίες που βρίσκονται αθέατες στο εσωτερικό τους, συνδέονται για μας, με μια ορατή αλλά ακατάληπτη επιφάνεια…

 

Η σύνδεση παλιάς και νέας γνώσης, σε ένα καινοφανές καλλιτεχνικό δημιούργημα, πέτυχε…

Peter Forster

  1. A. Kunsthistoriker ( Ιστορικός τέχνης )

Απρίλης 2005,  Mainz,  Γερμανία