Hommage á M. Ventris

„ Hommage à Michael Ventris “ Oder: „ Die verborgene Schönheit der Sprache “

Als ich zum ersten Mal als Schüler im Gymnasium und auch später nach meinem Besuch im Museum von Heraklion die Tontafeln der „Linear B“- Schrift gesehen hatte, ahnte ich noch nicht, dass diese in Ton geritzten kleinen Symbole mich in eine bezaubernde Raum-Zeit-Reise mitnehmen würden. Eine Reise zu meinen Wurzeln, meiner Sprache und meinem Bewusstsein …

Zuerst musste ich eine Phase der Bewunderung für die chinesische Kalligraphie hinter mir lassen und… auswandern…

Erst dann begannen die Zeichen langsam meine Aufmerksamkeit zu wecken. Sie traten vor meine Augen und brachten mich in Gedanken nach Hellas, in das „andere Hellas“, das Hellas des Dichters. Sie lieben es anscheinend indirekte Wege zu gehen, wie auch bei ihrer Entzifferung durch den jungen englischen Architekten Michael Ventris um 1952-53, der ihnen ihren griechischen Klang zurückgab (offizielle Veröffentlichung von M.Ventris und J.Chadwick in „Journal of Hellenic Studies“ von ´53 und Vortrag von Ventris in London am 24.06.53). So vollenden wir heute 50 Jahre dieser meisterhaften Leistung, die die griechische Sprache um mehrere Jahrhunderte vor Homers Zeiten im ägäischen Raum verlängerte …

Beim Lesen der in Linear B geschriebenen Texte – und das ist ein sonderbares Erlebnis – fielen mir ganz spontan die Verse des Poeten ein : ,, Da habe ich angefangen , Worte diamanten-gleich zusammenzufassen, um mein geliebtes Land zu verdecken, so dass niemand dessen Schönheit sehe oder gar denken könne, dass es nicht existiert. “ (Odysseas Elytis : „ Der kleine Nautilus“, freie Übersetzung von mir).

Sofort danach kam mir der Gedanke: Wie würde wohl das Gegenteil sein? Ich weiß nicht, ob das schon existiert, aber ich versuche es hiermit: mit zitternder Hand versteht sich, da ich kein Philologe bin, und mögen mir die Fachleute verzeihen, nur der künstlerischen Freiheit wegen.

Es gibt keinerlei literarische Texte in Linear B. Hier also mancheTranskriptionsversuche …

Neugriechische Gedichte in einer zeitlosen Kommunikationsreise in die Vergangenheit …
Worte ihren glänzenden Diamantschmuck tragend …
Anziehende Worte für ehrgeizige Liebhaber der Archäologie …
Auf der Suche nach dem verborgenen Schatz…

 

Nikos. Samartzidis,

Februar 2003